Die Zwerge und der Bauer
Ein Bauer aus Dorste an der Söse hatte in der Nähe des Hütteberges ein schönes Erbsenfeld, an dem er seine Freude hatte. Bald bemerkte er aber, dass die Schoten ausgekrüllt und die Halme zertreten waren. Wer mochte das nur tun? Wie er auch aufpasste, er konnte den Täter nicht entdecken. Da sagte ihm ein alter Bauer, es müssten wohl die Zwerge sein, die das täten; die hätten Wünschelhüte auf, dass man sie nicht sehen könne. Er solle mit seinen Knechten leise auf das Feld gehen und mit langen Ruten immer über die Erbsen hin und her streichen; sie schlügen dann wohl einem Zwerge den Hut ab; dann würde der Zwerg sichtbar, und sie könnten ihn fangen.
Der Bauer tat, was ihm gesagt war. Und richtig! Kaum hatten sie mit ihren Ruten angefangen hin und her zu schlagen, so stand auch schon ein Zwerg sichtbar vor ihnen. Der bat und flehte: "Lasst mich doch wieder los! Ich will euch auch einen ganzen Wagen voll Gold geben. Nur muss ich vor Sonnenaufgang wieder in meiner Höhle sein." "Wo ist denn deine Höhle?" fragte der Bauer. Der Zwerg sagte es. Aber der Bauer, fürchtend, er könne doch noch betrogen werden, fragte weiter: "Wann geht denn bei euch Zwergen die Sonne auf?" Da schnitt der Zwerg ein Grimasse, als ob er die Antwort nicht geben wollte. "Dann lasse ich dich nicht los!" , sagte der Bauer und mit saurer Miene gestand der Zwerg, dass bei ihnen die Sonne um Mitternacht mit dem Glockenschlag Zwölf aufginge. Nun ließ der Bauer ihn laufen.
Er selbst spannte seinen Wagen an und fuhr vor Mitternacht an die bezeichnete Stelle. Als er vor der Höhle angekommen war, hörte er, wie sie drinnen sangen und wie sie gerade jauchzten: "Dat is gaut, dat is gaut, dat dat Büercken dat nich weit, dat de Sünne ümme twölwe up geiht." Nun meldete sich der Bauer und verlangte seinen Wagen voll Gold. Da zeigten sie ihm ein abgehäutetes Pferd. "Das nimm nur mit," sagten sie, "weiter können wir dir nichts geben."
Das war dem Bauer sehr ärgerlich, und er schalt auf die lügenhaften Zwerge, wollte aber wenigstens seinem Hunde etwas Fleisch mitnehmen, hieb deshalb von dem toten Pferd ein großes Stück ab und legte es auf den Wagen. Unterwegs schon merkte er, dass seine Pferde immer schwerer zu ziehen hatten; als er aber zu Hause ankam, da war das ganze Stück Fleisch ein blanker Klumpen Gold geworden. Auf der Stelle fuhr der Bauer noch einmal hin, aber Höhle und Pferd waren nicht wiederzufinden.