Die Hedemannsche Familiengruft in der Dorster Kirche
Zwischen 1704 und 1858 fanden in der Gruft im Dorster Kirchturm 25 Angehörige des einstmals blühenden Adelsgeschlechtes von Hedemann, welches die Geschicke Dorstes 250 Jahre maßgeblich beeinflusste, ihre letzte Ruhestätte.
„Der Sargbestand der Gruft in der St. Cyriaci-Kirche in Dorste ist ein einmaliges Denkmal neuzeitlicher Bestattungskultur. Die Gruft wurde, anders als die meisten anderen Grablegen dieser Art, niemals geplündert; sämtliche Särge befinden sich offenbar im geschlossenen Originalzustand. Zudem ist die Belüftungssituation durch die Öffnung an der Nordwand und die luftdurchlässige Tür an der Südseite optimal. Dadurch sind die Holzcorpora und die metallenen Beschläge samt der farbigen Fassungen hervorragend erhalten. Förderlich für die gute Bewahrung ist auch die zweigeschossige Stellung der Särge auf einem Balkengerüst.
21 Erwachsenen- und vier Kindersärge befinden sich in der ebenerdigen Gruftkammer. Die Kindersärge wurden in den ehemaligen Durchgang zum Kircheninnenraum hinter die östlichen Sargreihen gestellt.
Der Bestand der Dorster Gruft spiegelt geradezu lehrbuchartig die Sargentwicklung vom Hochbarock über Rokoko, Klassizismus und Empire bis zum Biedermeier wieder. Wissenschaftlich besonders wertvoll ist hierbei, dass Details in der Gestaltung der hölzernen Oberflächen und der teils ungemein fein gearbeiteten Metallbeschläge zeitlich bestimmbar sind, da die Inschriftentafeln alle noch vorhanden sind. Dies hilft, ähnliche Beispiele in anderen Grüften zu datieren, bei denen die Tafeln entwendet worden oder bis zur Unlesbarkeit korrodiert sind. Zudem bieten die Dorster Särge auch bislang unbekannte Zierformen und andernorts nicht beobachtete symbolische Beschläge.
Bemalungen auf den Holzoberflächen und Farbfassungen auf den Wappen- und Inschriftentafeln sind vollständig überliefert, eine ausgesprochene Seltenheit. Sogar Reste von Kränzen und Girlanden aus verschiedenen Pflanzen sind teilweise noch erhalten.“
Soweit die Aussagen von Dr. Regina Ströbl von der Forschungsstelle Gruft in Lübeck, einer privaten Einrichtung zur wissenschaftlichen Dokumentation und laborativen Untersuchung von neuzeitlichen Grüften und Mausoleen.
Leider kann über die Jahre eine Verschlechterung des Zustandes der Särge festgestellt werden. Auf allen Oberflächen, vor allem auf den Deckeln, hat sich im Laufe der Zeit eine dicke Staub- und Schmutzschicht gebildet, die auch Schimmelpilzsporen enthält. Eine weitere Schwachstelle ist die direkte Bodenberührung einiger Särge in den beiden unteren Reihen, wodurch Fäulnis am Holz und Korrosion der Metallteile festzustellen ist.
Außerdem bedarf der Gruftraum selbst erhaltener Maßnahmen. Großflächige Putzplatten lösen sich von der Decke, der blaue Farbanstrich im unteren Wanddrittel blättert ab. Durch die vergitterten Lüftungsöffnungen /-schächte gelangt zwar ausreichend Frischluft hinein, aber die Vergitterung ist zu grob um Schmutz und Getier fern zu halten, sodass sich in den Schächten viel Schutt angesammelt hat.
Eine Sanierung der Särge und der Gruft wird dringend angeraten, um dieses einmalige Denkmal zu erhalten. Aktuell scheitert dies aber an den nicht vorhandenen Geldmitteln. Der Dorster Kirchenvorstand arbeitet weiter daran, die nötigen Gelder aufzutreiben.
Diese letzten Sätze stellen nicht mehr den Ist-Zustand dar!
Es ist dem Kirchenvorstand, insbesondere Hilmar Merkel, zu verdanken, dass die Gelder für die Gruftsanierung aufgetrieben werden konnten. Dank großzügigiger Zuwendungen, unter anderem aus der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der VHG-Stiftung, und der Spendenbereitschaft zahlreicher Privater konnte nun das Projekt Gruft- und Särgesanierung in Angriff genommen und im Oktober 2022 erfolgreich abgeschlossen werden.
Der folgende Link öffnet eine externe Website, auf der mit einer 360-Grad-Kamera die Kirche und die Gruft im Kirchturm durch die Firma sightkick (https://sightkick.de) aufgenommen wurde:
a) vor der Sanierung
https://dorste.sightkick.de/gruft/
b) nach der Sanierung:
http://sightkick.de/gruft-nachher/
Die folgenden Bilder zeigen die Gruft und einen Teil der Särge vor der Sanierung (alle Aufnahmen von A. Nackunstz)